Pflege
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1. Lagekriterien für Pflegeheime in der Verkehrswertbewertung und deren Auswirkung

 

Pflegeheime können laut Baunutzungsverordnung beispielsweise in allgemeinen Wohngebieten und in Sondergebieten gebaut werden. Jedoch sind diverse Aspekte wie Verschattung oder Lärmbelästigung zu berücksichtigen. 

Da Pflegeheime Einrichtungen für gesundheitliche und/oder soziale Zwecke sind, muss bei der Genehmigung des Bauvorhabens die Umgebung genauestens analysiert werden.

Als gute Standorte gelten solche, die innerhalb der Städte oder Stadtteilzentren mit guter Infrastruktur und Verkehrsanbindung gelegen sind. Derart große Grundstücke sind jedoch selten.

Der Bodenwert bestimmt sich nach den Vergleichspreisen unter Bezug des entsprechenden Bodenrichtwertes und Berücksichtigung der nachfolgenden Standortfaktoren.

 

  • Erreichbarkeit (Parkplätze, ÖPNV, Bushaltestelle)
  • Umfeld (Verkehrsberuhigung, Sitzmöglichkeiten, Gehwegsabsenkungen)
  • Einkaufsmöglichkeiten (täglicher Bedarf, Apotheke, Schuhe, Textilien etc.)
  • Dienstleistungen (Ärzte, Fußpflege, Friseur, Reinigung, Bank, Postamt)
  • Freizeitmöglichkeiten (Grünflächen, Park, Altentreff, Café, kulturelle Einrichtungen)

 

Generell werden urbane Standorte bevorzugt. Für stationäre Pflegeeinrichtungen sind vor allem medizinische Versorgung, Nähe von Behördeneinrichtungen und eine gute Verkehrsanbindung von großer Bedeutung.

 

Für die Bewertung eines Pflegeheims sind die Standortfaktoren zu berücksichtigen. Durch mangelnde Infrastruktur, schlechte Busverbindungen und wenige medizinische Versorgungseinrichtungen in der Umgebung ist der Bodenrichtwert gutachterlich anzupassen.

 

Nicht nur die Lage und die Standortkriterien müssen bei der Bewertung von Pflegeheimen berücksichtigt werden, auch der generelle Bedarf in der Bevölkerung für Plätze der vollstationären Pflege, teilstationären Pflege und Tagespflege, sowie die Anzahl solcher Einrichtungen in der näheren Umgebung müssen bei der Bewertung berücksichtigt werden.

 

Nachstehend wird eine Bedarfsanalyse für ein spezielles Pflegeheim in Wald-Michelbach im Kreis Bergstraße im Bundesland Hessen durchgeführt.

 

2. Bedarf an vollstationären Pflegeplätzen im Kreis Bergstraße

 

Im Folgenden wird der Bedarf für vollstationäre Pflegeplätze im Kreis Bergstraße für das Bewertungsjahr 2021 geprüft. Hierfür wurden die am nächsten zum Bewertungsjahr gelegenen Daten herangezogen.

Im Kreis Bergstraße sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2019 insgesamt 44 stationäre Pflegeheime mit 3.214 verfügbaren freien Plätzen für vollstationäre Pflegeplätze vorhanden.

In der direkten Umgebung von ca. 5 km sind vier weitere Pflegeeinrichtungen zu finden, welche in Konkurrenz zu dem Bewertungsobjekt stehen.

Laut statistischer Auswertung haben die Pflegeheime im Kreis Bergstraße eine durchschnittliche Belegung/Kapazität mit 53 Betten je 1000 Einwohner ab 65 Jahren.

Insgesamt wurden mit dem Stand vom 15.12.2019 im Kreis Bergstraße 2.879 Pflegebedürftige von Pflegeheimen betreut.

Weiterhin sind für den Kreis Bergstraße 42 Pflegebedürftige ab 65 Jahren je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren bzw. 11 Pflegebedürftige je 1.000 Einwohner statistisch festgehalten.

 

Nach dem aktuellen Stand vom 30.09.2020 liegt die Bevölkerungszahl im Kreis Bergstraße bei 271.120 Einwohnern. Wird die Einwohnerzahl durch 1.000 dividiert und mit den 11 Pflegebedürftigen pro 1.000 Einwohnern multipliziert ergibt sich ein aktueller Bedarf von ca. 2.982 Pflegebedürftigen. Dies unter der dem Aspekt, dass alle Altersgruppen berücksichtigt wurden.

Bei 3.214 zur Verfügung stehenden Betten und einer Belegung von ca. 2.982 Pflegebedürftigen sind die Pflegeheime im Kreis Bergstraße zu ca. 92,7 Prozent ausgelastet.

Nachdem nun die Auslastung der vollstationären Pflegeplätze mit 92,7 Prozent festgestellt wurde, muss überprüft werden, ab welcher Auslastung ein Pflegeheim wirtschaftlich rentabel betrieben werden kann.

 

Die Wirtschaftlichkeitsgrenze bei Pflegeheimen für vollstationäre Pflegeplätze liegt bei ca. 85 Prozent Auslastung. Dennoch sollte die Auslastung bei durchschnittlich mindestens 90 Prozent liegen, um dauerhaft wirtschaftlich rentabel zu sein.

Eine durchschnittliche Auslastung von 92,7 Prozent ist als gut zu betrachten.

 Ebenfalls sollte ein kleiner Ausblick in die Zukunft geworfen werden, wie sich in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten der Bedarf an vollstationären Pflegeplätzen entwickelt.

 

Ein Anstieg der Pflegebedürftigen von 3 Prozent im Jahr wird durchaus als realistisch angesehen. Dem Demographiebericht der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2018 ist zu entnehmen, dass sich die Änderung der Altersstruktur bis 2030 bei der Bevölkerungsgruppe der 65-79-Jährigen um ca. 30 Prozent und bei der Bevölkerungsgruppe der 80+ Jährigen sogar auf über 60 Prozent steigen wird.

Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Pflegeplätzen in der Region Kreis Bergstraße in den nächsten Jahren kontinuierlich wächst. 

[1]Änderung der Altersstruktur von 2012 auf 2030 (%) im Kreis Bergstraße

Die oben aufgeführten Zahlen wurden dem statistischen Bericht „Die Pflegeeinrichtungen in Hessen am 15.12.2019“ (Wiesbaden 2020) entnommen.[2]

Nach dem Demographiebericht 2018 der Bertelsmann Stiftung für den Landkreis Bergstraße liegt der Anteil der Bevölkerung ab dem 65sten Lebensjahr bei 22,2 Prozent. Im Jahr 2018 waren 268.780 Einwohner gemeldet. Es wird von einer Bevölkerungsentwicklung bis 2030 von plus 1,2 Prozent ausgegangen.[3]

 

Auch ein wichtiger Indikator für die Analyse des Bedarfs ist die Pflegequote. Die Pflegequote beschreibt in Prozent den Statistischen Anteil der pflegebedürftigen Menschen in dem jeweiligen Landkreis.

 

Pflegequote anhand des Beispiels Kreis Bergstraße:

 

Die Pflegequote ergibt sich aus dem Anteil der Bevölkerung, die zum Erhebungsstichtag der Statistik bereits pflegebedürftig ist und errechnet sich als Quotient der Anzahl von Pflegebedürftigen einer Altersgruppe zur Bevölkerungszahl in dieser Altersgruppe. Sie gibt den Prozentsatz der Personen, die in einer bestimmten Altersstufe pflegebedürftig sind, an.[4]

Der Anteil der über 65-jährigen Bevölkerungsgruppe im Kreis Bergstraße liegt im Jahr 2019 bei ca. 59.872 Einwohnern. Dies entspricht 22,2 Prozent der gesamten Bevölkerung.

Die Summe der pflegebedürftigen Einwohner ab 65 Jahren je 1000 Einwohner ab 65 Jahren liegt bei 42 Senioren. Daraus ergibt sich, dass die Summe der Pflegebedürftigen bei ca. 2.514 Personen liegt.

Wird die Summe der Pflegebedürftigen ab 65 Jahren durch die Anzahl der Einwohner ab 65 Jahren dividiert, ergibt sich eine Pflegequote von 4,2 Prozent. Eine übliche Quote von 3 bis 4 Prozent wird als gut angesehen.[5]

 

3. Fazit

 

Die Planung und Bewertung von Pflegeheimen erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung verschiedener Faktoren, angefangen bei der Standortwahl bis hin zur Analyse des Bedarfs in der Bevölkerung.

 

Die Baunutzungsverordnung ermöglicht den Bau von Pflegeheimen in verschiedenen Gebieten, aber es sind Aspekte wie Verschattung und Lärmbelästigung zu berücksichtigen. Gute Standorte zeichnen sich durch eine starke urbane Präsenz, eine gute Infrastruktur und eine solide Verkehrsanbindung aus. Die Verfügbarkeit von Flächen in solchen Lagen ist jedoch begrenzt.

 

Die Bewertung von Pflegeheimen erfordert eine detaillierte Analyse der Standortfaktoren, die den Bodenwert beeinflussen, einschließlich Erreichbarkeit, Umfeld, Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen und Freizeitmöglichkeiten. Zusätzlich muss der Bedarf an Pflegeplätzen in der Bevölkerung und die Anzahl von Pflegeeinrichtungen in der Nähe berücksichtigt werden.

 

In Bezug auf den Kreis Bergstraße zeigt die Analyse, dass die Pflegeheime in der Region mit einer Auslastung von etwa 92,7 Prozent gut positioniert sind, um wirtschaftlich rentabel zu sein. Eine Auslastung von mindestens 90 Prozent wird als wünschenswert angesehen. Die demografische Entwicklung deutet auf einen kontinuierlichen Anstieg des Bedarfs an Pflegeplätzen hin, was die Nachfrage nach Pflegeeinrichtungen in der Zukunft weiter steigern könnte.

 

Zusammenfassend ist die Standortwahl und die Bewertung von Pflegeheimen eine komplexe Aufgabe, die verschiedene Faktoren berücksichtigt, um die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung zu erfüllen und wirtschaftlich rentable Einrichtungen sicherzustellen.

 

 

[1] (Bertelsmann Stiftung, 2018)

[2] (Unbekannt, 2020)

[3] (Bertelsmann Stiftung, 2018)

[4] (Kleiber, Fischer, & Werling, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2020)

[5] (Kleiber, Fischer, & Werling, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2020)