"Einkaufszentren unterliegen einer täglichen Volksabstimmung. Jeder Konsument hat jeden Tag die Möglichkeit, woanders hinzugehen." So beschrieb Otto Steinmann, Geschäftsführer des Standortberatungsunternehmens Standort + Markt, im Jahr 2000 den Erfolgsdruck von Einkaufszentren- und daran hat sich auch über ein Jahrzehnt später nichts geändert.
In Österreich gibt es derzeit rund 218 Einkaufs- und Fachmarktzentren mit einer Verkaufsfläche von rund 2,5 Mio. m². Im Jahr 2012 haben sie einen Umsatz von 11,7 Mrd. Euro erzielt. Die Einkaufszentren zählten insgesamt rund 550 Millionen Besucher und beschäftigen mehr als 63.000 Mitarbeiter in mehr als 6.800 Betrieben.
Gemessen wird der Erfolg eines Einkaufszentrums am Umsatz pro Quadratmeter. Hier ist das Shopping Center am Wiener Flughafen Schwechat der absolute Spitzenreiter- allerdings ist dieses kein typisches Einkaufszentrum und eigentlich unvergleichbar mit allen anderen Einkaufszentren Österreichs. Das damit erfolgreichste Shopping Center dieses Landes profitiert nämlich von einer untypisch kaufkräftigen Klientel, einer im wahrsten Sinne des Wortes "einmaligen" Lage und von einem Branchenmix (der hohen Preislage), der so an keinem anderen Standort lebensfähig wäre.
Typischerweise gelten eine hervorragende Verkehrslage, moderne Infrastruktur und professionelles Center-Management als Garant für den Erfolg eines Shopping Centers; ebenso ausschlaggebend sind aber auch ein ausgewogener Branchenmix, ein ausgeprägter Erlebnischarakter und ein besonderes Familienservice. Wichtig sind neben der optimalen Erfüllung der Bedürfnisse der Nahversorgung ein entsprechendes Ambiente und die Ausrichtung auf ein bestimmtes Kaufpublikum.
Einige Einkaufszentren wenden sich an eine gehobene Einkaufsschicht, andere an eine gezielte, kauforientierte Klientel. Ein wesentlicher Teil des Erfolges ist die klare, zielgerichtete Ausrichtung des Einkaufszentrums. Hier ist das Management schon in der Planungsphase gefordert, die einzelnen Puzzleteile des Erfolges richtig zusammen zu fügen:
Die Funktion
Die Größe des Einkaufszentrums muss zu seiner Funktion passen (lokale, regionale oder überregionale Bedeutung). Die Schwellengrößen müssen beachtet werden. Das Marktpotential darf nicht erschöpft sein, die Konkurrenz nicht zu dicht. Eine Abwägung zwischen dem Erreichen von Synergieeffekten z.B. bei der Ansiedlung im unmittelbaren Nahbereich eines bestehenden Fachmarkt-Centers einerseits und der Sättigung des Einzugsgebietes mit (vergleichbaren) Angeboten anderseits ist unerlässlich. Wobei Verdrängung ist auch eine Marktstrategie.
Der Standort
Die Erreichbarkeit - in Akkordanz mit der Funktion - muss gegeben sein. Die Sichtbarkeit und die Anbindung an bestehende Passantenströme (im Innerstädtischen Bereich) darf nicht verfehlt werden. Im regionalen und überregionalen Bereich muss die Verkehrsanbindung günstig gestaltet sein und im Hinblick auf eine Erweiterung auch die entsprechenden Kapazitäten verkraften können.
Die Parkplätze
Das Vorhandensein alleine von Parkplätzen ist nicht ausreichend. Diese müssen auch einfach zu erreichen, breit und übersichtlich sein. Wird das Parken zur Qual, so ist die Überlegung Nahe, gleich in der Stadt einzukaufen - dort kann man auch schlecht parken. Der Ärger über den Parkplatzmangel, oder über den viel zu weiten Parkplatz kann die Kauflust schon vor dem Eintreten ins Einkaufszentrum zu Nichte machen. Im schlimmsten Fall, dreht der potentielle Kunde ab und fährt wieder nach Hause.
Die Architektur
Primär muss sich die Architektur der Funktion unterordnen - die Form folgt der Funktion. Allerdings ist das Ambiente nicht unerheblich für den Erfolg des Einkaufszentrums. Die architektonische Umsetzung der geplanten Strategie kann eine erhebliche Verbesserung der Erfolgschancen bringen. Auch auf die Mögliche Erweiterung des Baus in einer späteren Phase muss hier schon Bedacht genommen werden. Gleiches gilt auch für den Gebäudegrundriss.
Der Gebäudegrundriss
Ein erfolgreiches Einkaufszentrum wird nie in langen, schmalen oder verwinkelten Gebäuden entstehen. Der Grundriss muss den modernen Anforderungen eines Einkaufszentrums entsprechen, wobei verschiedene Grundformen möglich sind (Cross Mall, Strip-Center, V Form). Die Breite muss der Art des Einkaufszentrums entsprechen (von zumindest 6m Breite im innerstädtischen Gebäude bis zu 18m für eine offene Mall), die Höhe muss jedenfalls generös bemessen sein.
Die Wegeführung
Jede Aufsplitterung der Wege in einem Einkaufszentrum schwächt den Kundenstrom. Die Bündelung der Passantenströme wirkt sich positiv auf das Impulskaufverhalten aus. Sackgassen oder tote Winkeln sollten tunlichst vermieden werden, da diese den Umsatz senken. Ist eine Sackgasse oder ein toter Winkel nicht zu umgehen, so sollte dieser mit einem Magnetbetrieb belegt werden.
Die Geschäftsanordnung
Magnetbetriebe sollten an den jeweiligen Enden des Einkaufszentrums platziert sein, damit die dazwischen gelegenen Geschäfte von den Wanderungen der Kauflustigen profitieren können. Zum Unterschied von den Frequenzbringern sind die kleinen Geschäfte die Frequenznutzer dieser Aufteilung.
Der Geschäftsgrundriss
Um die Impulskaufkraft zu animieren braucht es Werbung- und zwar in Form von großen Auslagen. Sie regen den Vorbeigehenden zum Stehenbleiben, Schauen und Kaufen an. Schmale, tiefe Geschäfte mit einer kleinen Auslagenfläche haben weniger Umsatzchancen.
Die Stockwerksanzahl
Grundsätzlich sind Menschen horizontal orientiert. Stockwerke sind nur dann sinnvoll, wenn die Verkaufsfläche auch groß genug ist um jedes Stockwerk interessant zu machen. Das Wechseln von Stockwerken ist mühsam und muss daher "der Mühe wert sein". Die Gefahr ist groß, dass weniger interessante Stockwerke zur Gänze übergangen werden.
Der Branchenmix
Magnetbetriebe, Ankermieter und Frequenzbringer jedweder Art zahlen wenig Miete. Sie sind aber unerlässliche Bestandteile eines erfolgreichen Einkaufszentrums, denn sie ziehen die Kunden primär in das Einkaufszentrum. Auch die Balance zwischen den Branchen sollte gewährleistet sein, wobei man auf die spezifische Ausrichtung des Einkaufszentrums Bedacht nehmen muss.
Das Marketing
Zu den Mehrwerten eines Einkaufszentrums zählt das einheitliche Marketing. Schon in der Planungsphase sollte dieses festgelegt werden. Abhängig von der Ausrichtung des Einkaufszentrums werden die Marketingstrategien entwickelt. Grundsätzlich ist es unerlässlich, dass alle Mieter demselben Marketing unterliegen. Dies sollte auch in den Mietverträgen entsprechend festgeschrieben werden. Ziel ist selbstverständlich die Anziehung eines möglichst großen, kaufwilligen Publikums (möglichst oft und regelmäßig) zu erreichen. Ein optimales Alleinstellungsmerkmal (das Größte, das Schönste, das Beste, das für Sie Passendste, das Unterhaltsamste, das Erholsamste...) bietet die besten Erfolgschancen.
Die Fortführung der Strategie im laufenden Betrieb und der möglichst reibungslose Ablauf im täglichen Geschäft sind die Aufgabe eines Verwaltungsbetriebes. Ein Center-Management hat, darauf zu achten, dass das Einkaufszentrum "up to date bleibt". Denn das Heute "Größte, Beste und Unterhaltsamste" ist sonst schnell das "Alte, Langweilige, Einfallslose" von Morgen.